Vergaser ĂŒberholen
Vergaser finden sich nur noch an MotorrĂ€dern, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Umso wichtiger wird fĂŒr deren Fahrer das Thema Vergaser-Pflege.

- Vergaser als Fehlerursache
- Vergaser ĂŒberholen â so gehtâs
- 01 â Vergaser freilegen
- 02 â Vergaser ausbauen
- 03 â Ansauggummis prĂŒfen
- 04 â Vergaser Ă€uĂerlich reinigen
- 05 â Schwimmerkammer abschrauben
- 06 â Achse herausziehen und Schwimmer entfernen
- 07 â Vergaserdeckel und Schieber entnehmen
- 08 â DĂŒsen herausschrauben
- 09 â Die Bohrungen mit Druckluft freipusten
- 10 â Diese Bohrungen nicht vergessen
- 11 â Dichtungen erneuern
- 12 â Schwimmernadel einhaken
- 13 â Alle drehbaren Teile neu einfetten
- 14 â Vergaser synchronisieren
- Unsere Empfehlung
Vergaser als Fehlerursache
Wenn die Vergaser statt zu vergasen nur noch versagen, ist es Zeit, die Gemischaufbereitung zu renovieren. Ist deine ZĂŒndanlage im einwandfreien Zustand und kĂ€mpfst du trotzdem mit unrundem Motorlauf, schlechter Leistung und schlechtem Startverhalten, ist der Fehler bei den Vergasern zu suchen. Auch wenn deine Vergaser permanent ĂŒberlaufen oder trotz korrekter Kraftstoffversorgung nicht arbeiten, sind das klare Anzeichen fĂŒr defekte Schwimmernadelventile oder ein verdrecktes Vergaserinnenleben. Am hĂ€ufigsten können solche Fehler entstehen, wenn das Benzin in den Schwimmerkammern zur Winterpause nicht abgelassen wurde.
Eine grĂŒndliche innere Reinigung, ein paar Gummiringe und ein neues Schwimmernadelventil wirken Wunder. Die anschlieĂende Synchronisation ist zwar nicht zwingend notwendig, sofern die Vergaser nicht voneinander getrennt wurden, aber sicher ist sicher. Die Synchronisation der Vergaser macht allerdings nur dann Sinn, wenn die Ventile exakt eingestellt sind und Kompression, ZĂŒndkerzen, ZĂŒndkabel etc. sowie die ZĂŒndzeitpunkteinstellung einwandfrei sind.
Wer seinem Bike gern ein leichtes Tuning bescheren wĂŒrde, könnte die VergaserĂŒberholung nutzen, um ein Dynojet-Kit mitzumontieren. So manches serienmĂ€Ăige Beschleunigungsloch bekommt man damit gut in den Griff. Eine Verbesserung der Laufkultur und ein gleichmĂ€Ăiges Hochbeschleunigen wird von der einschlĂ€gigen Fachpresse bestĂ€tigt. Aber auch all jene, die ihre Vergaser wegen einer offenen Auspuffanlage, einem geĂ€nderten Luftfilter oder Ă€hnlicher TuningmaĂnahmen anpassen mĂŒssen, erfahren mit einem Dynojet-Kit eine erhebliche Erleichterung. Die speziell fĂŒr jedes einzelne Motorradmodell auf dem LeistungsprĂŒfstand entwickelten Kits beinhalten alles, was fĂŒr eine Gemischanreicherung notwendig ist. Verschiedene Tuningstufen sind erhĂ€ltlich, zusammengestellt fĂŒr Serienmotoren oder fĂŒr aufgebohrte Motoren mit scharfen Nockenwellen etc. Schon am Serienfahrzeug mit Originalluftfilter ergibt sich hĂ€ufig ein fĂŒhlbares Plus an Leistung und Laufkultur. Die endgĂŒltige Abstimmarbeit am Fahrzeug kann sich allerdings manchmal etwas zeitaufwendig gestalten, da jedes Kit verschiedene DĂŒsengröĂen zur Auswahl enthĂ€lt.
Vergaser ĂŒberholen â so gehtâs

Step 1: Vergaser freilegen
01 â Vergaser freilegen
Je nach Motorradtyp muss erst einmal die Vergaserbatterie freigelegt werden. Sitzbank, Tank und Seitendeckel mĂŒssen fast immer demontiert werden, um an den Luftfilterkasten heranzukommen, denn der muss herausgenommen oder zumindest zurĂŒckgezogen werden. Hast du es geschafft, den ungetĂŒmen Kasten zu entfernen, ist der eigentliche Ausbau der Vergaser schnell erledigt. Achte unbedingt auf Lage und Anschlussposition der UnterdruckschlĂ€uche, damit spĂ€ter alles wieder an seinen alten Platz kommt. Es ist ratsam, im Zweifelsfall die SchlĂ€uche und die dazugehörigen AnschlĂŒsse zu markieren, um eine Verwechslung auszuschlieĂen. Mache ggf. auch ein Foto mit dem Smartphone. Als nĂ€chstes werden die GaszĂŒge und der Chokezug entfernt. Damit das Benzin im ausgebauten Zustand der Vergaser nicht unkontrolliert auslĂ€uft, empfehlen wir, die Vergaser mit Hilfe der Ablassschrauben (Motor abgekĂŒhlt) noch im eingebauten Zustand zu entleeren. Dabei unbedingt fĂŒr ausreichende RaumbelĂŒftung sorgen und keinesfalls mit offenem Feuer (Explosionsgefahr!) hantieren.

Step 2: Vergaser ausbauen
02 â Vergaser ausbauen
Sind die Vergaser nun nur noch in den Ansaugstutzen befestigt, werden die Schellen gelöst und die Vergaserbatterie abgezogen.

Step 3: Ansauggummis prĂŒfen
03 â Ansauggummis prĂŒfen
Untersuche jetzt gleich die Ansaugstutzengummis. Sind sie porös, rissig oder steinhart, mĂŒssen sie erneuert werden, denn sie sind der ĂbeltĂ€ter Nr. 1 fĂŒr Vergaserpatschen aufgrund Zufuhr unerwĂŒnschter Nebenluft. Wesentlich preiswertere Ansaug-Gummis als die originalen gibt es aus der Zulieferer- bzw. Zubehörindustrie und werden fĂŒr diverse Motorroller angeboten.

Step 4: Vergaser Ă€uĂerlich reinigen
04 â Vergaser Ă€uĂerlich reinigen
Bevor es ans Innenleben geht, sĂ€ubern wir die Vergaser zunĂ€chst Ă€uĂerlich, damit kein Schmutz hineingelangen kann. Mit einem PROCYCLE Vergaser-Reinigungsspray ist der Dreck leicht zu entfernen. Eine BĂŒrste kann hier richtig helfen.

Step 5: Schwimmerkammer abschrauben
05 â Schwimmerkammer abschrauben
Sind die Vergaser Ă€uĂerlich sauber, kann mit der Demontage der Schwimmerkammern begonnen werden. Das ist keine Arbeit, die auf dem Garagenboden durchgefĂŒhrt werden sollte. Halte ein groĂes, ausgebreitetes sauberes Tuch bereit, um die demontierten Teile abzulegen. Die meist verbauten kleinen Kreuzschlitzschrauben aus japanischem Weicheisen dĂŒrfen nur mit einem genau passenden Schraubendreher (Japan Industry Standard) gelöst werden, weil sie sonst vergnaddeln (die weichen Schrauben machen Sinn, denn VergasergehĂ€use sind auch nicht gerade hart âŠ).
Eine vorangehende Behandlung mit einem Rostlöser kann sehr hilfreich sein. Wir empfehlen, die Vergaser nacheinander zu reparieren, damit nichts vertauscht werden kann. Achte unbedingt auf peinlichste Sauberkeit, denn das kleinste Körnchen könnte eine DĂŒse verstopfen.

Step 6: Achse herausziehen und Schwimmer entfernen
06 â Achse herausziehen und Schwimmer entfernen
Ist der Schwimmerkammerdeckel ab, muss noch der Schwimmer entfernt werden, um das Schwimmernadelventil zu erneuern. Deutliches Kennzeichen eines verschlissenen Schwimmernadelventils ist eine mit dem Fingernagel spĂŒrbare, ringförmige Druckstelle an der Spitze der Schwimmernadel â mit einer solchen kann die Nadel nicht mehr 100%ig abdichten. Die Achse des Schwimmers lĂ€sst sich zu einer Seite herausschieben und löst somit die Verbindung zwischen VergasergehĂ€use und Schwimmer. Merke dir die Einbaulage des Schwimmers und die Befestigung des Schwimmernadelventils am Schwimmer. Hast du es doch aus Versehen durcheinandergebracht, dann orientiere dich an einem nicht zerlegten Vergaser (oder mache vorab ein Foto).

Step 7: Vergaserdeckel und Schieber entnehmen
07 â Vergaserdeckel und Schieber entnehmen
Jetzt zum Oberteil des Vergasers: Hier sollte der Schieber bzw. der Unterdruckkolben auf starke Riefen und die Membrane auf Risse untersucht werden. Löse die Schrauben des Deckels und ziehe die Feder heraus. Nun kann vorsichtig der Kolben nebst Membrane herausgenommen werden. Die Membrane hat in den meisten FÀllen eine Einbuchtung oder eine hervorstehende Lippe. Sie bestimmt die Einbauposition und passt nur an einer Stelle des VergasergehÀuses.
Um die Membrane zu prĂŒfen, wird sie ins Licht gehalten und an allen Stellen leicht gedehnt. Ist ein Loch vorhanden, muss sie erneuert werden. Am hĂ€ufigsten sind BeschĂ€digungen an den Kanten zu finden, und zwar an der Verbindung zum Kolben oder an der Ă€uĂeren Kante der Membrane. Ein weiterer möglicher Fehler ist die extreme Ausdehnung der Membrane aufgrund von DĂ€mpfen. In diesem Fall fĂŒhlt sie sich sehr weich an und ist viel zu groĂ, um wieder eingebaut zu werden. Auch hier hilft leider nur ein Neuteil. Sind die Membranen nicht einzeln erhĂ€ltlich, mĂŒssen sie zusammen mit dem Schieber/Kolben gekauft werden.

Step 8: DĂŒsen herausschrauben
08 â DĂŒsen herausschrauben
ZurĂŒck zur Unterseite: FĂŒr eine ordentliche Reinigung entfernst du alle schraubbaren DĂŒsen. Aber Vorsicht: Die DĂŒsen bestehen aus Messing und akzeptieren nur genau passendes Werkzeug.
Um DĂŒsen zu reinigen, benutze möglichst keinen Draht, denn das weiche DĂŒsenmaterial wird schnell geweitet. Also: ordentlich einsprĂŒhen und hinterher mit Druckluft ausblasen. HĂ€lt man die DĂŒsen anschlieĂend ins Licht, lĂ€sst sich beurteilen, ob sie frei von Verschmutzungen sind. Vor dem Ausbau der Leerlaufgemisch-Einstellschrauben folgendes unbedingt beachten: Drehe die Schraube zunĂ€chst bis zum lockeren Aufsitzen in ihren Sitz hinein (aber nicht gegen den Sitz ziehen, BeschĂ€digungsgefahr) und zĂ€hle dabei die Umdrehungen â notiere dir diese fĂŒr die spĂ€tere Einstellung. Erst jetzt wird die Einstellschraube entfernt. Nach der Reinigung ist der Gummiring der Einstellschraube zu erneuern. Beim Einbau die Schraube wiederum bis zum leichten (!) Aufsetzen eindrehen und die vorher gezĂ€hlten Umdrehungen herausdrehen.

Step 9: Die Bohrungen mit Druckluft freipusten
09 â Die Bohrungen mit Druckluft freipusten
Mit Hilfe des Reinigungssprays geht es den Ablagerungen an den Kragen. SprĂŒhe ausgiebig in jede Bohrung des Vergasers. Nach kurzer Einwirkzeit wird nun möglichst mit Druckluft in alle vorhandenen Bohrungen geblasen. Wer keinen Kompressor besitzt, fĂ€hrt am besten zu einer Tankstelle oder Selbsthilfe, wo man sicherlich gegen ein kleines Trinkgeld die vorhandene Druckluft benutzen kann. Achte darauf, dass keine kleinen Teile verloren gehen beim Ausblasen!

Step 10: Diese Bohrungen nicht vergessen
10 â Diese Bohrungen nicht vergessen
Gerne vergessen, aber sehr wichtig sind die Zusatzbohrungen am Lufteintritt und Gemischaustritt der Vergaser.

Step 11: Dichtungen erneuern
11 â Dichtungen erneuern
Mit einem kleinen Schraubendreher werden die zu erneuernden Dichtringe und Dichtungen entfernt. Achte darauf, dass die Dichtringe beim Einbau richtig in den dafĂŒr vorgesehenen Nuten sitzen.

Step 12: Schwimmernadel einhaken
12 â Schwimmernadel einhaken
Nachdem nun alle DĂŒsen wieder eingeschraubt sind und die Dichtringe ausgetauscht wurden, wird eine neue Schwimmernadel in den Schwimmer eingehakt und eingebaut. Soweit demontiert, den Schieber bzw. den Kolben mit Membran und DĂŒsennadel vorsichtig ins VergasergehĂ€use einfĂŒhren und auf korrekten Sitz der Membran achten.

Step 13: Alle drehbaren Teile neu einfetten
13 â Alle drehbaren Teile neu einfetten
Bevor die Vergaser in die Ansaugstutzen montiert werden, mĂŒssen alle drehbaren Bauteile mit Teflonspray geschmiert werden, weil durch die Reinigung jegliches Schmiermittel entfernt wurde. Achte nun bei der Montage der Vergaser unbedingt darauf, dass die Vergaser richtig in den Ansauggummis sitzen und nichts eingeklemmt wird (Kabel etc.). Sind die Schellen ordentlich angezogen (fest, aber nicht zu fest), werden Chokezug, Gaszug, Benzinschlauch und evtl. vorhandene Kabel wieder angeschlossen. Achte bitte auf die korrekte Verlegung der BowdenzĂŒge und stelle das Spiel von Gaszug und evtl. Chokezug wieder richtig ein (siehe Bedienungsanleitung des Fahrzeugs).

Step 14: Vergaser synchronisieren
14 â Vergaser synchronisieren
An dieser Stelle möchten wir nochmals bemerken, dass eine Synchronisation bei einer normalen Reinigung, wenn die Vergaser nicht untereinander getrennt wurden, nicht unbedingt notwendig, aber zu empfehlen ist. Um die richtigen AnschlĂŒsse und Einstellschrauben zu finden, ist ein Reparaturbuch unabdingbar. Wie der Name schon sagt, geht es hier darum, dass alle Vergaser ihre zugehörigen Zylinder so mit dem nötigen Kraftstoff-Luft-Gemisch versorgen, dass sich ein runder Motorlauf ergibt.
FĂŒr diese Arbeit wird ein Synchrontester benötigt, der den Ansaugunterdruck der einzelnen Zylinder misst. Das TestgerĂ€t besteht je nach AusfĂŒhrung aus zwei oder vier Unterdruckuhren, je nachdem, wie viele Vergaser das Motorrad besitzt. Verschiedene beiliegende Adapter machen es möglich, die SchlĂ€uche der Unterdruckuhren an die vorgesehenen Stellen am Motor anzuschlieĂen. In den gĂŒnstigsten FĂ€llen ist bereits eine Anschlussmöglichkeit an den Ansauggummis vorhanden. Hier werden einfach die Gummiverschlussstopfen entfernt und die SchlĂ€uche angeschlossen.
Da der Tank in den meisten FĂ€llen abgenommen werden muss, um an die Synchronisationsschrauben heranzukommen, ist eine externe Benzinversorgung fast immer notwendig. Die Einstellung wird bei laufendem, betriebswarmen Motor durchgefĂŒhrt. Achte unbedingt darauf, dass an den richtigen Schrauben eingestellt wird und dass nach jedem Drehen an den Einstellschrauben kurz am Gasgriff gezupft und nochmals kontrolliert wird. Die zulĂ€ssigen Abweichungen der einzelnen angezeigten Werte entnimmst du bitte dem Reparaturbuch. Siehe hierzu auch den Schraubertipp Vergaser-Synchronisation.
AbschlieĂend möchten wir noch darauf hinweisen, dass nach dem Einbau eines Dynojet-Vergaserkits unbedingt das ZĂŒndkerzenbild zu prĂŒfen ist, denn eine falsche Gemischzusammensetzung kann zu MotorschĂ€den fĂŒhren und die Fahrsicherheit beeintrĂ€chtigen. Das Kerzenbild sollte nach einer Probefahrt auf der Autobahn bzw. einer lĂ€ngeren Vollgasfahrt geprĂŒft werden. Ggf. sind dann weitere Abstimmungsarbeiten durchzufĂŒhren. Wer nicht die nötige Erfahrung besitzt und dennoch auf der sicheren Seite sein möchte, sollte diese Anpassungsarbeiten von einem Fachbetrieb mit LeistungsprĂŒfstand durchfĂŒhren lassen.
Unsere Empfehlung
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Bitte beachten!
Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht fĂŒr alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter UmstĂ€nden erheblich abweichen, daher können wir keine GewĂ€hr fĂŒr die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben ĂŒbernehmen.
Wir danken fĂŒr dein VerstĂ€ndnis.

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